Marilyn Manson mit Dackelblick! Ein König auf High-Heel Pumps! Tornado aus Ohio wirbelt durch die Pfalz!

Randy DiamondAuf den ersten Blick sieht er furios aus, verwegen, eine Mischung aus Kiss, Alice Cooper, Marilyn Manson… und irgendwie auch ein wenig wie Frank’n Furter aus der Rocky Horror Show. Dazu röchelt und stöhnt er in undefinierbaren Stimmtiefen. Auf schwarzen High Heels wütet er auf der Bühne und sein blutroter Samtmantel unterstreicht diesen Rollencharakter. Ein Verbrecher, ein Diktator, … ein Herzensbrecher, ein Charmeur… Randy Diamond als König Belsazar und König Darius in „Ludus Danielis – The Play of Daniel“ einem Rockoratorium von G. Werno, S. Lill und J. Reitmeier, das noch bis Ende Juni im Pfalztheater in Kaiserslautern zu sehen ist. Der in Ohio/Amerika geborene Diamond begann seine Karriere als Tänzer im Ballett am Stuttgarter Staatstheater, wo er erster Ballettsolist war. Heute weist seine umfassende Vita Musicalhauptrollen in Jekyll & Hyde, Cabaret, Evita, Jesus Christ Superstar, Hair, Chess… auf. Parallel zu Ludus Danielis ist Diamond seit 18.5.08 in im Theater Regensburg in „High Society“ als Dexter zu sehen. MFJ hat den interessanten Darsteller in Kaiserslautern gesprochen.

In einem Interview habe ich gelesen, dass Du auf eher ungewöhnliche Weise zum Ballett gekommen bist. Nach einer Aufführung warst Du derart fasziniert, dass Du auch Ballett lernen wolltest. Die Angst vor den Reaktionen Deiner Freunde veranlasste Dich dazu, es zunächst geheim zu halten. Keine einfache Entscheidung. Wie ging es Dir in dieser Zeit?

Ich war ein paar Monate in einer kleinen Ballettschule als ich entschied: entweder werde ich richtig weiter machen oder aufhören. Richtig weiter zu machen hieße in diesem Fall aber wegzugehen, nach New York und dort eine Schule zu besuchen. Ich habe dann eine der besten Schulen gefunden, sie hieß „Harkness House“ und sie ist die beste Ballettschule in New York. Dort begann ich mit der Ausbildung und dann war das mit den Freunden kein Problem mehr für mich. Schließlich besuchte ich nicht mehr die gleiche Schule in dem Ort, in dem ich damals wohnte. Nach 1-2 Jahren habe ich meinen Freunden davon erzählt, dass ich in New York Ballett gemacht hatte. Ich hatte ihnen aber zunächst ein paar Drehungen und Sprünge gezeigt und davon waren sie wirklich begeistert. Aber es stimmt, zuerst habe ich es geheim gehalten. Gut, wenn ich nur gesagt hätte, dass ich Ballett mache, dann hätten sie mich vielleicht ausgelacht, aber ich hab zuerst ein paar Schritte und Drehungen gezeigt – das waren sehr athletische Sachen und davon waren sie begeistert. Als sie das sahen fanden sie das echt cool.

Nun, mittlerweile bist du ja komplett ins Genre Musical übergegangen. Lässt sich das Leben als Tänzer und Darsteller vergleichen?

Beides hat mit Theater zu tun und das bedeutet, dass man grundsätzlich regelmäßig Proben hat und auf der Bühne steht. Tanz ist natürlich physisch anstrengender und es ist auch eine ganz andere Sache, weil Du ja mit Deinem Körper sprichst. Musical passiert durch Sprechen, Singen und manchmal auch durch Tanz und Bewegung. Es ist schon unterschiedlich. Aber ich muss sagen, es hat mir in der Branche sehr geholfen, dass ich zuvor Ballett gemacht habe, weil ich dadurch über Fähigkeiten verfüge, die andere nicht haben. Körperlichkeit bzw. Beweglichkeit beispielsweise. Ich kann meinen Körper beherrschen. Und auch wenn es nicht mit Tanz direkt zu tun hat, es sind oft nur eine kleine Aktionen die passieren, aber sie sind entscheidend.

Da Du aus dem Tanzfach kommst, hattest Du zunächst mit Stimmbildung weniger zu tun. Für  das Genre Musical musstest Du das Singen erst lernen…

Randy DiamondMein erstes Musical bei dem ich mitgewirkt habe war im Stuttgarter Staatsballett. Die Rolle war gesanglich jetzt nicht schwierig, so wie z.B. bei Jesus Christ Superstar oder so. Ich habe aber selbst auch erkannt, dass ich irgendwo eine ganz passable Stimme habe. Gut, ich habe schon immer sehr gerne gesungen, allerdings nur in der Dusche und das war´s auch schon. Ich war irgendwo auch viel zu schüchtern um vor Leuten zu singen, aber plötzlich musste ich das in dem Stück machen. Ich bin dann trotzdem weiterhin beim Ballett geblieben, auch wenn ich wusste, Musical macht Spaß, aber ich wusste zu dieser Zeit nicht, wie ich in dieses Fach reinkommen kann. Ich hatte zudem auch eine sehr hohe Position im Ballett. Ich war dort erster Solist, also einer der Haupttänzer und das dann einfach aufzugeben und in ein Niemandsland zu gehen… davor hatte ich Angst. Heute weiß ich, dass das blöd war, denn ich hätte früher damit beginnen können. Jedenfalls kam es dann so, dass das Ballett für mich zu Ende ging, mein Körper war kaputt, meine Lust war weg und dann stand ich da und war ein paar Monate arbeitslos. Mein Schicksal wollte es, dass ich einem ehemaligen Kollegen begegnete. Pierre Wyss war Ballettdirektor in Braunschweig am Theater. Er hat mich zu einer Audition für Jesus Christ Superstar eingeladen. Durch diese Rolle hat mich dann wieder Jemand gesehen und ich habe eine Sommershow bekommen. So entstand im Laufe der Zeit eine Art Schneeballeffekt mit immer neuen Engagements. Zunächst habe ich das Alles aber erst einmal ohne Gesangsunterricht gemacht. Eines Tages ging ich dann zu einer Audition und sah, wie die Leute ihre Stimme aufwärmten. Sie klangen auch ganz anders als meine. Ich wusste überhaupt nicht, wie ich mich aufwärmen sollte und könnte. Allmählich hatte ich auch gemerkt, dass meine Stimme nicht immer das macht was ich will. Also habe ich eine Lehrerin gesucht und gefunden. Sie heißt Noel Turner und ist Professorin an der Folkwangen Hochschule für Musical in Essen und stammt zufällig auch aus einer kleinen Stadt in New Jersey, woher ich auch komme. Sie ist meine Lehrerin, die ich etwa 3 mal im Jahr sehe und dann Unterricht bei ihr nehme. Ich habe keine richtige Ausbildung. Wie gesagt, ich sehe Noel Turner ein paar mal im Jahr und wiederhole, was ich gelernt habe alleine Zuhause…das ist meine Ausbildung. Ich finde auch, wenn man eine Begabung hat und den starken Willen das auch tun zu wollen, dann muss man nicht unbedingt eine Ausbildung haben. Wenn man Etwas kann und will, dann sollte man das auch machen. Nicht jeder der eine Ausbildung hat singt deshalb toll. Es gibt Leute, die haben keine Ausbildung und sind sogar besser. Ich finde das nicht wichtig.

Wie schon geschrieben weist Deine Vita zahlreiche Hauptrollen in Musicals auf. Welche der Bisherigen hat Dich am meisten geprägt bzw. beeindruckt – und weshalb?

Randy DiamondDas war Jekyll & Hyde. Es ist eine tolle Geschichte, denn man spielt zwei verschiedene Rollen bzw. Charaktere. Man braucht zwei verschiedene Stimmen und Arten um das zu spielen und man muss sich dazu unterschiedlich bewegen. Das ist die größte Herausforderung, die ich bisher hatte. Außerdem ist die Musik wunderschön zu singen und das zu spielen machte auch viel Spaß. Es gibt kein Musical, das ich jetzt persönlich kenne, das diese Wirkung auf mich hat wenn ich es singe und spiele. Zum Glück aber entscheide ich ja selbst, welche Rollen ich annehme und daher hat im Prinzip auch Jede etwas ganz Besonderes für mich sonst würde es mich gar nicht erst interessieren.

Würdest Du denn auch Rollen annehmen, die Dir nicht so zusagen? Ich meine, nicht immer kann man sich Rollen aussuchen oder hat ausreichende Angebote…

Ich hoffe, dass so etwas nicht passieren wird. Bisher war es jedenfalls noch nie so. Auch wenn ich jetzt älter bin, es gibt ja auch Rollen für ältere Darsteller, die ich auch noch sehr gerne machen will und vielleicht auch machen werde. Ich hoffe, dass ich aber dann aufhören kann, wenn ich wegen Geld etwas machen muss. Ich denke, man sollte clever genug sein und vorsorgen, z.B. sparen und andere Interessen haben, dann ist das später auch kein Problem. Ich bin aber noch lange nicht soweit. Hoffentlich habe ich noch Zeit, bis ich entscheiden muss ob ich aufhöre oder nicht. Mir fällt da ein Beispiel ein: „Les Mis“ kann man auch noch mit einem Alter von 55 oder 60 Jahren spielen. Es gibt mehrere Rollen wie z.B. auch in „La cage“, wo Rollen für Ältere enthalten sind… oder auch ein Judas könnte älter sein.

Ludus Danielis neigt sich im Juni dem Ende entgegen. Welche Eindrücke und Erlebnisse wirst Du mitnehmen?

Also die Arbeit mit Reitmeier ist auch immer ein Grund, weshalb ich hier in Kaiserslautern bin. Ich mag ihn persönlich sehr und es macht immer Spaß mit ihm zu arbeiten. Er hat immer positive Energie und er macht die Leute nicht kaputt sondern versucht immer etwas aus den Menschen heraus zu holen und sogar noch einiges mehr, als sie sich selbst zutrauen. Er ist immer positiv eingestellt und sehr enthusiastisch. Er verbreitet diesen Enthusiasmus. Ich war ja nun schon für drei Shows hier – Jesus Christ Superstar, Chess und jetzt Ludus Danielis, ja und in Regensburg mache ich ja auch „High Society“ unter seiner Regie. Alles, was wir bisher gemacht haben war einfach toll. Das sind immer gute Eindrücke und Erlebnisse.

Wie war das für Dich, als Du erfahren hast, das alles auch noch lateinisch gesungen wird?

Randy DiamondScheiße! Ich kann kein Wort Latein. Ich habe es phonetisch gelernt. Günter Werno und Astrid Vosberg haben mir da sehr geholfen. Günter half mir im musikalischen Bereich und Astrid unterstützte mich bei der Aussprache. Aber gut, wenn man es einmal gelernt hat, dann klappt das auch. Es war okay! Der Schrecken am Anfang war größer.

Welcher Charakter gefällt Dir besser, Belsazar oder Darius und weshalb?

Natürlich ist der Belsazar besser, denn da kannst du das Schwein in dir rauslassen. Den Bösen zu spielen, Sachen mit Sex zu spielen, Aggressivität zu zeigen… das alles macht viel mehr Spaß als jemanden zu spielen, der einfach nur „straight“ ist. Ja. Das macht einfach nur Spaß. Beide Rollen sind aber ein große Herausforderung. Ich liebe es, wenn man in einem Stück zwei Charaktere verkörpern kann, das war bei Jekyll ja auch so. Man hat auch eine gewisse Abwechslung, die das Ganze spannender macht, das liebe ich. Das ganze Stück überhaupt ist eine große Herausforderung, es ist lateinisch. Ja, aber hauptsächlich liebe ich es, wenn ich die Rollen wechseln kann. Oh ja und dann ganz klar, die Musik ist auch einfach toll bei Ludus.

Hättest Du Dir denn vorstellen können, jemals in so einer Mischung aus Klassik, Heavy Metal, Gregorianischen Chören, Musical und mittelalterlichen Klängen mitzuwirken?

Na ja, also Reitmeier hat gesagt, wir machen mittelalterliche Musik, da musste ich schon etwas schlucken. Ich konnte mir das nicht vorstellen. Aber okay, ich dachte mir dann, ich müsste ihm da einfach mal vertrauen, dass er eine gute Idee hat. Ja und diese guten Ideen habe ich dann schnell erkannt. Er hatte tolle Rollen in dem Stück für mich ausgewählt und ich hoffe, dass wir daraus etwas Gutes gemacht haben. Ich glaube ja, denn den Leuten scheint es gut zu gefallen. Wir haben also gute Arbeit geleistet, wir hatten Spaß und ich habe ihm vertraut – und er hat bewiesen, dass er das Vertrauen würdig ist.

Und wer ist Dir persönlich jetzt ähnlicher? Der Belsazar oder der Darius?

Nun ja, Beide sind ein Teil von mir. Alles was ich auf der  Bühne zeige, da steckt in jeder Rolle, die ich spiele ein bisschen von mir selbst mit drin. Ich habe Gutes, Böses, Braves, … Es gibt immer zwei Seiten, wie im Leben auch. Jeder Mensch ist in unterschiedlichen Situationen ja auch anders, z.B. in der Arbeit, oder unter Freunden ist man entspannter. Zuhause schreist Du vielleicht Deinen Partner an, aber wenn Fremde da sind, dann tust Du das vielleicht nicht. Man ist immer anders. Wir alle haben verschiedene Gefühle und Charakterfarben. Auf der Bühne muss ich ein Gefühl finden, dass die Rolle in diesem Moment genau so rüberbringt, wie sie sein soll, auch wenn es ein Mörder ist oder so. Das bedeutet ja nicht gleich, dass ich das auch bin. In beiden Rollen aber finde ich mich teilweise wieder.

Randy DiamondBelsazar haucht, faucht, stöhnt und erzeugt vorwiegend undefinierbare Laute. Stört es Dich, wenn die Leute denken könnten, dass Du gar nicht singen?

Ich meine, wenn man sich mal Luis Armstrong oder Joe Cocker anhört, die klingen auch teilweise so rauchig und hauchig. Manche Leute finden das vielleicht hässlich, manche finden das vielleicht toll und denken, dass das sehr gut passt. Das gibt es ja auch im Heavy Metal. Man kann das auf verschiedene Arten machen. Ich versuche als Belsazar nicht schön zu singen, denn meiner Ansicht nach sollte es auch nicht schön klingen. Es passt zu dieser fiesen Rolle. Es soll ruhig ein bisschen hässlich und schmutzig sein. Er ist nicht schön, aber er hat so einen speziellen Sprechcharakter. Spätestens im zweiten Akt passt der Gesang dann auch wieder zur Rolle. Da muss dieser „straighte“ Typ dann auch eine schöne Stimme haben und das zeige ich dann auch.

Abschließend noch kurz zur Band Vanden Plas. Hast Du vor Ludus schon von VP gehört und hättest Du dir jemals vorstellen können in einem Stück der Band mitzuspielen?

Ja also, ich habe mit Vanden Plas zusammen in Jesus Christ Superstar gespielt, denn die Band gehörte ja als Teil zum Orchester. Später habe ich dann mit Andy in Chess gespielt. Aber bis zu Ludus hatte ich keinen Kontakt zu den Leuten. Erst bei Ludus musste ja ich mit Günter richtig eng und viel zusammen arbeiten, weil es ja etwas ganz Neues war und da konnte ihn besser kennen lernen. Das hat dann auch echt Spaß gemacht. Bei Chess hatte ich mit der Band gar nicht zusammen gearbeitet, nur mit dem Dirigenten, dem musikalischen Leiter. Aber von Vanden Plas hatte ich vorher noch nichts gehört und gesehen. Die Musik die ich normalerweise höre ist aber auch eine ganz andere Richtung. Das Stück hat mir sehr gefallen und so war es auch eine Art Lernprozess für mich und hat mir eine neue Türe zu einer anderen Musik geöffnet. Ich mag sehr, was Vanden Plas da macht. Wie gesagt, bis zu Ludus waren sie bisher immer ein Teil vom Orchester. Ich wusste schon, dass es die Band von Andy ist, aber wie gesagt, ein direkter Kontakt war nicht da. Ich kenne keine einzige Heavy Metal oder Rock Band hier in Deutschland. Das war mir auch nie wichtig und ich war ja auch nie damit konfrontiert. Man muss, denke ich, erst einmal mit etwas konfrontiert werden um sich dann damit zu beschäftigen. Ich lebe in Stuttgart und Vanden Plas war vielleicht einmal hier. Das einzige was ich als Kind gehört habe war vielleicht Santana oder Led Zeppelin. Aber ich war 13 Jahre alt, als ich mit dem Ballett begann und ab dem Alter war es dann logischerweise meistens klassische Musik die ich hörte. Ich bin dann auch immer in Broadway Shows gegangen, also war immer nur Klassik und Musical meine Richtung. Die anderen Sachen, … es ist nicht so, dass ich sie nicht gut finde oder fand, aber ich war so beschäftigt mit meiner Karriere, ich hatte keine Zeit ein anderes Interesse zu haben. Für mich gab es 24 Stunden nur Ballett und danach Musicals. Aber ich muss sagen, seit Ludus ist es so, wenn ich Rock hören will, dann höre Ludus. Ich finde die Musik einfach toll.

Anmerkung: ein seperates und ausführliches Interview zu „High Society“ folgt demnächst.

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