Aus eins mach zwei. Als Graf besaß er nur ein Schloss. Als Prinz Fiyero besitzt er Zwei davon.

Mathias Edenborn MusicalWie der Bösewicht Javert trotz der verlockenden und unstillbaren Gier am Ende doch Herz zeigt und in „Grün“ die Farbe der Hoffung sieht…

Er gehört unumstritten zu den ganz Großen der Branche. Der sympatische und humorvolle Schwede war schon zu Zeiten von „Romeo & Julia“ in Wien als Benvolio eine der beliebtesten Figuren des Musicaldramas. Heute hat Mathias Edenborn alle begehrten großen Rollen des Musicals verkörpert. Als gieriger Graf von Krolock jagte er den Besuchern in Stuttgart sowie Berlin langanhaltenden Schauer über den Rücken und als Javert (in Les Miserables, St. Gallen) sorgte er für Gänsehaut mit dem Song „Sterne“. Seit vergangenem Jahr ist es etwas ruhiger aber nicht weniger spannend in seinem Leben. Als Prinz Fiyero im Publikumsmagneten „Wicked – die Hexen von Oz“ in Stuttgart bringt er seine Zuschauer mit seiner herrlich naiven, aber auch oberflächlich-selbstverliebten Art mit irrwitzigem Schauspiel zum Lachen. MFJ freut sich den heißgeliebten Musicalstar in Stuttgart getroffen zu haben.

Seit dem 18.9.08 bist Du also als Fiyero zu erleben… Verrate uns doch: Wie hast Du Dich auf Wicked vorbereitet?

Ach, ich muss sagen, ich habe mich gar nicht so sehr auf die Rolle vorbereitet. Bei mir ist es so, wenn ich etwas wirklich will, wenn ich die Lust da ist, etwas zu machen, dann finde ich auch den richtigen Weg. Ich kann es nicht so richtig erklären. Ich habe gehört, dass der Mark Seibert nach Berlin wechselt und plötzlich hat es mich dann gepackt. Ja und ich wusste, ich will die Rolle des Fiyero machen und habe mich beworben.

Wo hast Du Wicked gesehen und welchen Eindruck hattest Du von dem Stück?

Ich habe Wicked zuvor am Broadway gesehen und habe das Stück sehr gemocht. Aber da dachte ich noch, dass die Rolle wohl weniger zu mir passt. Aber Mark hat es gespielt und da habe ich nachgedacht und festgestellt, warum nicht doch ausprobieren? Und es klappt.

Mein erster Eindruck von Wicked war, dass es eine sehr warme Show ist. Auch hinter der Bühne, dieser roten Teppich, die eher dunkle Beleuchtung… es passt alles zu der Show, die eher eine Märchengeschichte ist. Es gefällt mir einfach super. Es ist alles ganz schnuckelig hier. Ja wirklich, ich habe ein weiches Gefühl im Bauch, wenn ich es spiele.

Konntest Du eine gewisse Entwicklung bei Dir selbst mit der Rolle feststellen?

Mathias Edenborn MusicalIch habe die Rolle am Anfang etwas falsch interpretiert, glaube ich. Fiyero ist zu Anfang ja oberflächlich, aber nicht oberflächlich im Sinne von „er sieht sich selbst nur im Spiegel an“. Das habe ich aber geglaubt. Nein, vielmehr ist es so: er ist ja ein Prinz und er ist es nicht gewöhnt Achtung den Menschen geben zu müssen. Ich musste an seinem Verhalten also nicht viel arbeiten. Das ist es auch, was mir Spaß macht zu spielen, denn dies habe ich zuvor noch nicht gehabt, so eine ähnliche Rolle. Ich hätte mir vielleicht nicht zu viele Gedanken darüber machen sollen.

Überhaupt, ich bin ein Kopfmensch und Fiyero ist – am Anfang zumindest – komplett das Gegenteil. Deswegen würde ich sagen, ja, es gab eine Entwicklung.

Natürlich entwickelt man sich in jeder Rolle, man steigert sich immer mehr rein und für mich kommt die Herausforderung mit der Sprache dazu. Ja, wie gesagt Fiyero ist ein Prinz, der nicht viel denkt. Ich habe ihn am Anfang mit ein bisschen zu viel Spaß gespielt, zu locker vielleicht. Und was dazukommt: ich habe auch angenommen, dass Wicked „nur“ eine Komödie ist. Mittlerweile nehme ich die Hexen viel ernster und mache nicht mehr nur auf lustig, da steckt so viel mehr in der Story drin.

Worin unterscheidet sich Deine Interpretation von Fiyero zu den anderen Fiyero-Schauspielern?

Ich mache es mit jeder Rolle folgendermaßen. Wenn ich mich in der Probenperiode befinde und viel darüber nachdenke, stelle ich fest, dass die Rollen sowas wie „für mich geschrieben“ sind. Aber das liegt daran, wie ich es mit viel Persönlichkeit spiele, es sind meine Emotionen, die dabei einfließen. Es sind auch meine Reaktionen, also die Reaktionen von Mathias und wie ich in ähnlichen Situationen reagieren und empfinden würde.

Mathias Edenborn MusicalIch könnte aber doch auch nicht die Reaktionen von Fiyero spielen, weil es ihn eigentlich nicht gibt. Das ist der Unterschied. Und man darf nicht vergessen, bei den großen Shows ist immer fester Rahmen vorgegeben, was man z.B. sagen muss. Dadurch werden die Shows dann auf der ganzen Welt auch sehr ähnlich. Manchmal ist es auch so festgelegt und vorgegeben, dass wir dieselbe Geste machen müssen. Nicht immer, aber es kommt vor und innerhalb dieses Rahmens immer wieder vor. Trotzdem kann man viel Eigenes, Persönliches einbringen, man zeigt damit, dass man die Person hinter dieser Rolle erkennt und versteht.

Ich bin beispielsweise eher ein Fan von Hugh Grant als von Robert De Niro, weil ich finde, dass er viel persönlicher ist- für mich menschlicher.

Also bist Du zufrieden mit Deiner Rolle…

…(ruft begeistert) Jaaa! Ich liebe die Show!

Das heißt Du würdest die Rolle auch wieder spielen, wenn Du die Gelegenheit hättest?

Das könnte ich mir gut vorstellen, ja. Es ist ja immer eine Herausforderung.

Auch in einem anderen Land?

(überlegt) Naja, das wäre ja dann auch in einer anderen Sprache? Vielleicht auf Schwedisch oder auf Englisch, das ginge noch, ansonsten Deutsch.

… Ich glaube, ich habe die Rolle auch deshalb bekommen, weil Willemijn auch ein bisschen älter ist und eine sehr große Frau ist. Normalerweise wird für die Rolle Fiyero ein etwas Jüngerer gesucht, eine Art Boygroupjunge… aber für Willemijn braucht man ein passendes Gleichgewicht, so das man diese Liebesgeschichte auch abarbeiten kann. Die Figuren müssen zusammenpassen vom Aussehen. Von daher, wenn ich sehe, wer die Rollen in anderen Ländern spielt, glaube ich, dass eher Deutschland für mich in Frage kommt.

Merkst Du einen Unterschied beim Spielen, wenn die Elphabasängerinnen wechseln?

Ja es gibt Unterschiede. Jede spielt es ja auf ihre Art. Ich muss dann dazu passen im Spiel und mich auch verändern. Jede hat eine andere Stärke im Spiel, die eine ist strenger, die andere weicher. Ich Bei der einen muss ich zum Beispiel mehr mit den Füßen auf dem Boden stehen, tougher sein, sonst könnte ich weich werden, da muss ich also konsequenter sein. Bei der anderen zum Beispiel kann ich mehr nachgeben, weicher spielen. Ja, so ist es und am Ende, da passt es auch zusammen.

Mathias Edenborn MusicalDu hast in vielen Musicals große, vorwiegend Haupt-Rollen gespielt, wie Graf v. Krolok in TdV, Radames in Aida, Javert in Les Mis oder Benvolio in R & J… Fiyero ist eher eine kleine Rolle. Fühlst Du Dich damit wohl und bist entspannter oder würdest Du eher eine große Rolle spielen wollen?

Das ist ein gemischtes Gefühl. Es ist schön, mal nicht so viel singen zu müssen, aber andererseits vermisse ich es natürlich auch. Es ist schön, wenn man eine große Rolle zu singen hat. Man hat als Künstler ja auch ein Ego, so ist es nicht. Aber was schön ist, ist auch die Tatsache, ich bin relaxter und ich kann am Abend mal ein Extrabier trinken und muss mir nicht so viele Gedanken machen.

Darfst Du schon verraten, ob Du mit nach Oberhausen gehen wirst?

Ich verhandle momentan noch und da weiß man bekanntlich ja nicht, was dabei rauskommt. Ich habe noch ein paar andere Auditions, singe für andere Stücke vor, aber interessant ist es für mich.

Kommen wir zu „Songs of a new world“. Im Dezember singst Du mit Willemijn und sowie Dominic Aref und David-Michael Johnson in Stuttgart im Wilhelma Theater zwei Vorstellungen einer neuen Musik-Revue singen. Bitte: erzähl uns mehr darüber…

Ja genau, richtig. Songs of a new world ist in dem Sinne kein richtiges Musical, weil es keine Story gibt. Es ist ein eher konzertantes Stück. Jeder Sänger erzählt eine Geschichte für sich, die Rolle, die er da singt. Ich versuche eine rote Linie für mich einzubauen. Ich muss sagen, die Musik ist genial. Sie ist auf keinen Fall einfach zu singen. Ich würde Euch alle empfehlen, dass ihr reingeht und euch in die Songs reinhört, weil die Musik einfach fantastisch ist. Die Musik wächst in Dir, sie baut sich auf. Zu Anfang hörst Du vielleicht nicht unbedingt eine Melodie, dann aber geht sie ins Ohr und wird besser und besser. Wir vier Sänger passen auch alle super zusammen, weil keiner von uns eine normale Musicalstimme hat. Wir haben eher Naturstimmen. Das klingt dann sehr schön zusammen.

Mathias Edenborn MusicalWie kam es denn überhaupt zu dem Stück?

Ich glaube, es war so, dass unser ehemaliger Dirigent und Willemijn gedacht haben, dass sie das gerne mal machen wollen. Sie haben mich gefragt, ob ich dabei sein möchte und ich war begeistert.

Wir proben im Moment sehr viel, wobei es sehr schwierig ist, weil der Hannes im Moment bei Tarzan in Hamburg dirigiert und Dominic Aref lebt ja auch in Hamburg. Von daher müssen wir die Termine für die Proben gut organisieren. Aber wir geben unser Bestes und ich denke, das wird echt gut.

Bisher sind aber nur 2 Vorstellungen geplant. Wie geht es danach weiter?

Wir wollen ja gerne, dass es weitergeht und es mehr Shows gibt. Aber zuerst müssen wir sehen, wie es ankommt, welche Reaktionen kommen und ob Interesse da ist. Wir werden wichtige Leute einladen und dann sehen wir, wie es weitergeht.

Falls das Interesse da ist, wird die Formation von Euch vier Künstlern dann auch beibehalten?

Jaaa klar- und was ich mir auch gut vorstellen kann ist, dass wir dann 2 oder 3 der Shows im Monat fest einplanen können. Es wäre schön, wenn das dann so weiter geht.

Seit ihr ortsgebunden oder ist es irrelevant, wo die Shows stattfinden?

Ja klar, warum nicht!

Du warst vor Wicked lange bei den Vampiren als Graf v. Krolock in Berlin und hast in dieser Zeit auch Konzerte mit Rock- und Popsongs gegeben. Wäre das nicht auch was hier in Stuttgart?

Mathias Edenborn Musical(strahlt) Jaaa, Ideen und Lust habe ich schon!  Aber vielleicht genieße ich im Moment auch so sehr dieses ruhige Jahr, in dem ich die kleine Rolle spiele und eine eher entspannte Zeit habe. Ich bin im Moment vielleicht ein bisschen faul.

Ich muss sagen Berlin war extrem. Ich habe meinen ganzen Urlaub verbraucht um in St. Gallen den Javert zu spielen. Ich hatte einen einzigen Montag frei- in 22 Monaten. Das war einfach zuviel. Es ist für mich jetzt eher ein Erholungsjahr.

Gibt es für Dich denn noch Rollen, die Du gerne spielen möchtest?

Ich wünsche mir vor allem mit talentierten und guten Menschen zusammen zu arbeiten. Ich würde zum Beispiel mal gerne mit Pia Douwes zu spielen. Ich hätte gerne in Sunset Boulevard die Rolle des Joe Gilles an ihrer Seite als Norma Desmond gespielt. Das hätte mir Spaß gemacht. Der Regisseur dort war auch richtig gut. Das ist für mich das Wichtigste, glaube ich. Ansonsten gibt es sehr viele interessante Rollen, aber das Wichtigste ist, dass das Team gut ist und funktioniert.

Käme ein Graf v. Krolock hier für Dich denn auch noch in Frage?

(pustet gedankenvoll aus…) Na jaaa, ich habe ihn fast 800 Mal gespielt, hier in Stuttgart und dann in Berlin. Ich glaube, das reicht. Ja, doch, das reicht! (verzieht das Gesicht und lacht!)

Wo würdest Du Dich gerne in 5 Jahren sehen, anders gefragt, wo siehst Du Dich in 5 Jahren?

… das ist eine schwere Frage… Ich sage mal so, bei mir ist alles offen. Ich weiß, dass ich alles von heute auf morgen beenden kann. Vielleicht habe ich ja in zwei Jahren keine Lust mehr auf der Bühne zu stehen und zu singen. Könnte ja sein. So war es mit meiner Fußballkarriere. Da hat mir plötzlich die Passion gefehlt. Ich wünsche mir, dass es Menschen gibt, die mich toll finden, dass ich Lust habe mich zu entwickeln und zu lernen, dann werden wir sehen. Ich weiß es ehrlich gesagt nicht so genau.

Statt der Fußballkarriere hast Du also den Beruf des Musicaldarstellers gewählt. Was würdest Du machen, wenn Du keine Lust mehr auf Musical hast?

Die Fußballkarriere war das Einzige für mich damals. Das wollte ich machen. Es ist komisch und schwer zu erklären, aber auf Musicaldarsteller bin ich gekommen, weil ich es immer wusste. Tief in mir drin war es mir klar.

Für mich war zuerst Fußball die ganze Welt. Ich habe mir gar nicht vorstellen können etwas anderes zu machen. Aber ich habe auch immer schon als Kind gesungen. Musicals habe ich auch immer gerne gehört.

Mathias Edenborn MusicalIch saß also nach einem Spiel im Umkleideraum und der Coach kam zu mir und fragte mich, ob ich mich wohl fühle. Ich war mir sicher, dass es mir gut geht, ich war bereit, mein Bestes zu geben. Naja, aber ich sagte auch, wenn ich nicht Fußball spielen würde, dann könnte ich mir auch vorstellen zu singen. Zwei Wochen später teilte er mir dann mit, dass der Verein mich nicht mehr als Fußballer behalten wollte. Er meinte, ich hätte einfach nicht das Zeug dazu Profi zu werden. Es war wohl nicht, das, was die Mannschaft von mir erwartet hatte.

Als Fußballspieler selbst hast Du auch immer das Ziel, dass Du der beste auf der Welt sein willst. Er hat mir somit eigentlich einen Gefallen getan. Weitere drei Wochen später hatte ich meine Fußballpläne vergessen und habe beschlossen Gesangsunterricht zu nehmen. Dann ging auch alles sehr schnell. Sechs Monate später bekam ich meine erste Rolle in der „West Side Story“ als Tony.

Ich glaube, wenn etwas richtig für einen ist, dann geht es auch schnell und leicht. Man muss  seine Passion finden. Das ist es. Mich fragen Menschen, ob es nicht eine große Umstellung für mich war. Nein, das war es nicht! Für mich war es klar. Ich habe nie darüber nachgedacht. Ich wusste irgendwie, dass die Bühne das Richtige war.

Angenommen, Du verlierst die Lust und Freude als Musicaldarsteller zu arbeiten, welche dritte Alternative hast Du dann?

Ich liebe es mit Kindern zu arbeiten. Vielleicht mit autistischen Kindern oder als Kinderpsychologe. So etwas in die Richtung würde mir gefallen.

Abschließend- gibt es etwas, was Du schon immer mal sagen wolltest, oder was Du den Lesern dieses Interviews gerne mitteilen möchtest?

(überlegt lange, lacht, überlegt…) Eigentlich gibt es nichts. (überlegt) Ich kann nur sagen, dass die Leute nach Stuttgart kommen sollen und das Stück ansehen sollen, bevor es dann eine Tourversion wird. Für mich ist es das beste Musical, das ich je gesehen habe. Es hat alles, es ist Musical im besten Sinne. Es wird nicht intellektualisiert. Es ist einfach Kunst.

Es gibt in dem Stück eine einfache Geschichte, eine Dreiecksgeschichte, eine ganz normale Liebesgeschichte. Und es gibt lustige Texte, es wird viel gelacht und trotzdem berührt es. Vergleicht man mal mit AIDA: als Zuschauer bist Du gezwungen zu weinen, weil es negativ ausgeht und traurig ist. Aber hier beginnst Du zu weinen, weil es einfach schön ist.

Die Atmosphäre stimmt, die Musik und das Licht, es stimmt einfach alles … wie es ankommt.

Der Fiyero sagt in dem Stück zum Beispiel, „ich bin tief oberflächlich“. Ich finde, das Stück ist auch tief oberflächlich, aber es ist eine sehr schöne Märchengeschichte. Das sollte man unbedingt gesehen haben…

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