Nicht „heiraten“, sondern „jemanden heiraten“

– das ist die Botschaft, die das Stephen Sondheim Musical „Company“ aus 1970, welches am 05. Mai 2012 Premiere im Stadttheater Bielefeld feierte, überbringt.

Das Musical handelt von Beziehungen – von den guten und den schlechten Seiten. Robert, ein Sunnyboy New Yorks, wird 35 Jahre alt, seine Freunde planen eine Überraschungsparty für ihn (oder passiert dies alles doch nur in seinem Kopf?!) und wünschen ihm endlich eine feste Partnerin, sind sie doch selber alle auch in glücklichen Beziehungen. So scheint es jedenfalls. Während Roberts Besuchen bei seinen Freunden wird nach und nach ein Blick hinter die Fassade der fünf Paare geworfen und so manches ist anders, als es zuerst scheint. Die Männer raten doch eher davon ab („Lass es mit der Ehe sein“), eine Ehe einzugehen, die Frauen jedoch möchten dem erfolgreichen Robert Frauen vorstellen. Dieser hat gleich drei Liebschaften, zu doch sehr unterschiedlichen Frauen, trifft sie hin und wieder, bemerkt aber mit der Zeit, dass dieses wohl doch nicht auf Dauer das Richtige für ihn ist. Zwei Jahre später wünscht sich Robert im Stillen zu seinem Geburtstag endlich eine feste Beziehung – während er (diesmal alle) Kerzen auspustet.

Das Theater Bielefeld hat auch in diesem Stück auf eine namhafte Besetzung gesetzt. Allen voran Alexander Franzen als Robert (dem bielefelder Publikum bekannt aus Birds und The Scarlet Pimpernel), genannt Bobby, mit seinen Gespielinnen Karin Seyfried (The Scarlet Pimpernel, Chess) als Kathy, Rebecca Stahlhut als Marta (Anything goes) und Roberta Valentini als April (Chess).

Das Bühnenbild (Bühne und Kostüme: Timo Dentler und Okarina Peter) wird schlicht gehalten, im Mittelpunkt steht ein enorm großes, metallenes Rhönrad, in dem sich ein Viereck befindet, welches durch Drehen in verschiedene Positionen gebracht werden und sogar auch erklettert werden kann. Es dient als Wohnung, Bett, Balkon und sogar als Kirche. In fast allen Szenen ist Alexander Franzen auf der Bühne zu sehen, er verkörpert die Rolle des Roberts sehr glaubwürdig und besticht mit seiner Stimme („Lebendig zu sein“), während er eindrucksvoll durch das sich drehendes Viereck im Rhönrad läuft.

Karin Seyfried spielt Kathy, die nun heiraten wird und noch einmal mit Robert in Erinnerungen schwelgt. Sie erkennen, dass sie beide mehr als nur Freundschaft für einander empfunden haben, aber keiner die Gefühle des anderen kannte – nun ist es aber leider zu spät für ein gemeinsames Happyend. Seyfried singt und spielt wie man es von ihr kennt: auf den Punkt genau, mit perfekter Mimik und gesanglich einwandfrei.

Für die Rolle der selbstbewussten, exotischen, flippigen Marta ist in Rebecca Stahlhut eine sehr gute Besetzung gefunden worden. Marta fühlt sich als das Herz von New York, führt durch Szenen und stellt sich selbst überzeugend als Teil, wenn nicht sogar als Hauptteil, der Stadt New York dar.

Roberta Valentini spielt das langhaarige, dumme Blondchen April. Herrlich naiv und lieb kommt die Stewardess daher. Viel belangloses Reden in oftmals kurzen Sätzen und Begeisterungsfähigkeit zeichnen die Rolle der April aus, die Roberta Valentini auf eine großartige Weise zum Leben erweckt.

Der Focus liegt in diesem Stück auf allen Paaren, keines tritt mehr oder weniger als ein anderes in den Vorder- bzw. Hintergrund, ein Ensemble, wie man es aus anderen Stück kennt, gibt es nicht.

Besonders im Gedächtnis bleiben dem Publikum aber sicherlich Thomas Klotz (bekannt aus Tanz der Vampire und Grease) als Paul, der die Ruhe ausstrahlt, die man von Menschen kennt, die sich sicher sind, dass sie die Liebe ihres Lebens gefunden haben. Es macht große Freude, dem schauspielerischen und gesanglichem Können von Thomas Klotz Aufmerksamkeit zu schenken. Pauls Zukünftige -verkörpert durch Carolin Soyka (Birds)- heißt Amy. Ihre Hochzeit steht an – während Paul sich der Liebe zu Amy sicher ist („Der Tag gehört Amy“), steigen in dieser doch plötzlich Zweifel hoch, sie ist hektisch, stellt die Hochzeit in Frage und erklärt Paul, dass es ihr leid tut, sie „ihn einfach nicht genug liebt“. Bobby schlägt ihr vor, doch „einfach ihn zu heiraten“, da sie beide gleich sein. Letztendlich kommt es aber doch zu der Hochzeit zwischen Paul und Amy, die Zweifel sind weggewischt.

Dass nicht nur die Hochzeit der Weg zum erfüllten Glück sein kann, führen Jessica Krüger (Birds, Chess) als Susan mit Frank Wöhrmann (Crazy for you) als Peter dem Publikum vor Augen. Für Robert sind Susan und Frank ein „phantastisches Paar“, bis diese ihm dann aber eröffnen, dass sie sich scheiden lassen werden. Was für beide aber ihre Beziehung besser macht, sie sind glücklich und wohnen weiterhin zusammen, auch ohne Trauschein. Das Glück hat nun mal verschieden Formen.

Auch die weiteren Paare Sarah (Melanie Kreuter), Harry (Thomas Winter), Jenny (Michaela Duhme), David (Tilmann von Blomberg), Joanne (Kerstin Marie Mäkelburg) und Larry (Nico Gaik) zeigen lustige, nachdenkliche, tragische oder von Ersatzbefriedigung geleitete Momente in Beziehungen auf.

Das Handeln auf der Bühne wird von einem zehnköpfigen Orchester unter der musikalischen Leitung von William Ward Murta untermalt. Herr Murta freut sich besonders, dass es nun ein Stück von Stephan Sondheim (inszeniert von Roland Hüve) an das Bielefelder Theater geschafft hat. Für die Choreographie ist Katharina Wiedenhofer zuständig und für die Dramaturgie Jon Philipp von Linden.

Company beleuchtet das Thema Beziehungen aus verschiedenen Blickwinkeln, es ist ein kurzweiliges Stück mit einer großartigen Besetzung und durch einen hohen Sprechanteil nicht das „typische Musical“, daher auch für Leute interessant, die dem Genre Musical vielleicht eher skeptisch gegenüber stehen. Mit standing-ovations und minutenlangem Applaus bedankte sich das Publikum für eine rundherum gelungene Inszenierung.

     

Copyright der Pressebilder: Matthias Stutte

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Publizistik abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.