Der König tritt für immer mit seinem Gefolge ab, was bleibt sind Tränen. Da hilft nicht mal mehr Beten…

Ludus Danielis KaiserslauternAn diesem 03.05.2009  war es also endgültig soweit. Nachdem im vergangenen Juni schon die offizielle Derniere stattfand, hat es sich die Theaterdirektion noch einmal überlegt und die geplanten Musicalgalas kurzum in eine Wiederaufnahme von „Ludus Danielis – The Play of Daniel“ gewandelt. Von März bis Mai durften also nochmal König Belsazar bzw. König Daruis für sechs Vorstellungen des lateinischen Rockoratoriums Einzug halten. Die Spannung der Wiederaufnahme am 15.03.09 glich einer Premiere, so groß war die Aufregung im gesamten Theater. An diesem Sonntag, stand nun aber die endgültige Derniere des Stückes von Günter Werno und Stephan Lill unter der Regie des Intendanten Johannes Reitmeir an. Die Atmosphäre war unbeschreiblich und hier und da erkannte man so zahlreiche „Ludus-Fans“, die sich diese letzte Show nicht entgehen lassen wollten.

Der Vorhang hob sich und die glockenklare, knabenhafte Stimme von Astrid Vosberg verbreitete ein Wohnbefinden, dass sich zwischen Ehrfurcht und Gänsehaut einpendelte.

Dass hier bei den gesamten Darstellern nach wie vor noch immer eine immense Spielfreude zu erkennen ist, gleicht einem Wunder. Ist man doch oftmals nach Produktionen einfach nur erleichtert, dass ein Stück abgespielt ist, so merkt man die Wehmut allen Beteiligten an. Hochmotiviert, als ginge es um alles, präsentierte die Ludus Cast eine Show, die sich international sehen lassen kann. In jedem Einzelnen steckte unfassbare Power, Motivation und Freude am Spiel.

Gerade jetzt hatte man sich auch als Zuschauer an das monumentale Meisterwerk mit seinen massenhaften Protagonisten auf der Bühne gewöhnt. Der Zuschauer hat aus der Vielfalt des Bühnenspektakels seinen Weg gefunden alles wahrzunehmen und zu registrieren. Selbst den seitlichsten Statisten hatte man mittlerweile ins Herz geschlossen, die komplexeste Ballettchoreographie hatte man bereits verinnerlicht und auch die Mimik und Gestik eines E-Chor-Mitgliedes hatte man wahrgenommen. Nicht verwunderlich, dass gerade „Ludus-Jünger“ einen dicken Kloß während der gesamten Derniere im Hals stecken hatten.

MfJ hat in den letzten Berichten in erster Linie über die Hauptrollen berichtet, also beginnen wir dieses Mal mit den Kleindarstellern. Wie gesagt, es sind die Statisten, deren Abläufe und deren Spiel man in all der Zeit genau beobachten konnte. In Ludus passte einfach alles zusammen. Mit einem präzisen und strahlenden Ballett spielten und tanzten sich alle direkt in die Herzen der Zuschauer. Gerade die Szenerie in der Löwengrube zeigt eine moderne, schwungvolle und hochwertige Qualität des Balletts am Pfalztheater, das man mit Sicherheit gerne auch mal in einem eigenen Stück ansehen würde.

Ludus Danielis KaiserslauternDer E-Chor strahlt wie immer motiviert und mit großer Freude heraus. Hier sind es die zahlreichen jungen Menschen, die diesem Stück einen ganz eigenen Touch verleihen. Es macht einfach nur Spaß dieses „Ensemble“ zu beobachten, denn jeder versucht eigenes Spiel, Charakter und Aktion in die Szenen zu bringen. Wenn im zweiten Akt bei „Audite Principe“ der E- sowie Theaterchor direkt an den Bühnenrand tritt und die Zuschauer im wahrsten Sinne des aus den Sitzen singt, dann kann sich keiner dieser unfassbar stimmlichen Power entziehen. Hier hört man ganz klar heraus, auch die E-Chormitglieder verfügen über anerkennenswerte Stimmen. Es ist tolle Kombination mit dem Theaterchor, die sich hervorragend ergänzt.

Ludus Danielis KaiserslauternGehen wir weiter zu den drei Satrapen, dem Propheten Habakuk und dem Engel. Auch hier hat man, scheint es, die Idealbesetzungen für diese Rollen gefunden. Die Harmonie untereinander ist unübersehbar. Mit Peter Floch, Ines Agnes Krautwurst und Günther Fingerle in den Rollen der drei Satrapen wurde ein wunderbar fieses Trio gefunden, das seine Pläne schmiedet und überzeugend umsetzt. Jede Stimme hat seine eigene unverwechselbare Stimmfarbe. Sei es Ines mit einem tiefen und rauen Stimmtimbre, Peter mit seiner professionellen Opernstimme oder Günther, der den jungen Ton angiebt. Das Spiel dazu passt und überzeugt. Bernhard Schreurs als Prophet Habakuk ist im Gegensatz zu dem Trio ein Sympath, der durch Güte und Verständnis im Spiel die Herzen der Zuschauer erreicht. Seine Stimme dazu ist weich und warm. Auch hier ergibt die Figur ein harmonisches Gesamtbild. Als Engel tritt Arlette Meissner auf. Sie verfügt über einen glasklaren-engelsgleichen hohen und reinen Sopran und zieht alle Blicke auf sich, spätestens dann aber, wenn sie in reinem weißen Gewand und leichten Federn am Ende des Stückes das ergreifende Finale, das „Te Deum“, anstimmt.

Ludus Danielis KaiserslauternAndy Kuntz als Prophet Daniel ist ein Lokalmatador des Theaters. Er erntet begeisterten Applaus, wann immer er nur die Bühne betritt und einen Ton singt. Wie schon oft berichtet, die Höhen, die er stimmlich erreicht sind immer wieder Überraschung und bewundernswert. Andy Kuntz ist Profi, dementsprechend wirkt sein Spiel zum Gesang durchweg passend und überzeugend. Eine wirklich tolle Leistung, die er abliefert, zumal der Charakter Daniel eher ruhig und demütig ist. Als Metalrocker dagegen geht er auf der Bühne ab, wie es sich eben für Metal gehört. Ein toller Gegensatz und eine große Herausforderung für den renommierten Sänger Andy Kuntz, die er mit Bravour meistert und dafür langanhaltenden und tosenden Applaus erhält.

Ludus Danielis KaiserslauternAls die Königinnen an der Seite von Belsazar und Darius agiert Astrid Vosberg. Das Stimmwunder schafft es binnen Sekunden Männer und Frauen zu packen. Sie muss keine Überzeugungsarbeit leisten, sie hat diese Stimme und das überzeugende Spiel im Blut. Noch immer können es Zuschauer nicht glauben, dass die sanfte, stimmlich klassisch interpretierende Königin des ersten Aktes im zweiten Akt die böse, raue im krächzenden Sprechgesang aufgehende Sängerin ist. Auch Mimik und Gestik verändert sie schlagartig. Kein Wunder, dass man denkt, es wären zwei Darstellerinnen hier am Werke. Eine Wahnsinnsleistung von Astrid Vosberg, die höchste Anerkennung verdient. Der Showstopper jedoch ist und wird wohl für immer ihre Ballade „Consilium Reginae“ bleiben, die sie berührend und hochemotional interpretiert.

Ludus Danielis KaiserslauternRandy Diamond in der Doppelrolle der Könige Belsazar und Darius schließt den Kreis um die Solisten. Als Marylin Manson-Verschnitt ist er Eyecatcher des ersten Aktes. Sein röchelnder Sprechgesang betont seine Optik. Im zweiten Akt stellt er seine Stimmwandlung unter Beweis, denn ab diesem Zeitpunkt wechselt er von dem bösen und verantwortungslosen in den guten und verständnisvollen Charakter. Erschwerend hinzukommt, dass Belsazar auf schwindeligen beinahe 15 cm hohen Absätzen tanzen und wirbeln muss.

Ludus Danielis KaiserslauternDie Ära „Ludus Danielis“ ging also mit großer Power und euphorischem, nicht enden wollenden Applaus zu Ende. Man kann dem Stück nur wünschen, dass es ein Theater findet, dass dieses Meisterwerk zur Aufführung bringen will. Eines ist sicher, so ein außergewöhnliches, hochwertiges und anspruchsvolles Musiktheater muss man auf diesem Planeten definitiv suchen. Leider scheint in Zeiten von „Revival-Shows“ und „Longrunnern“ das schnelle Geld mit mickriger Bühnenausstattung und noch einfallsloseren Kostümen und Dialogen mehr anzukommen als Qualität.

MFJ wünscht „Ludus Danielis – The Play of Daniel“ alles Gute – und für Insider LVV 😉

Marina C. Bunk, Mai 2009

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