Schon in Berlin war die Tourproduktion vom erfolgreichsten deutschsprachigen Musical „Elisabeth“ zu erleben. 12 Jahre ist es mittlerweile her, dass die Premiere des Stückes in Wien gefeiert wurde. Traditionell eröffneten in Berlin Pia Douwes und Uwe Kröger die Inszenierung. Da auch schon gewöhnungsbedürftig, der Tod in weißem, schimmernden Anzug. Seit dem 21.10.09 ist es also in München so weit. Die Kaiserin ist zurück nach Bayern gekehrt und hat im Deutschen Theater in München ihren Einzug gefeiert.
Die Änderungen von einer festen Produktion zu einer Tourshow ist generell immer eine schwierige Sache. Man hat sich hier sehr bemüht das Pompöse beizubehalten um den Flair des Stückes zu vermitteln. Richtig gelungen ist dies nur zum Teil. Ein Grund hierfür ist: man kann nur an dieser Stelle erneut sagen, dass das eigentlich sehr begeisterungsfähige und genügsame Publikum der ewigen Bildprojektionen im Hintergrund zunehmend leid ist. Kaum eine Inszenierung schafft es heute mehr ohne Diese auszukommen. Selbstredend ersetzt sie das Bühnenbild und ist zudem vom Aufwand und der finanziellen Sicht lukrativer. Dennoch, man sollte das Publikum allmählich ernster nehmen und nicht mehr mit diesen „Tricks“ abspeisen. Schließlich bleibt das Preisverhältnis ja auch aufrecht erhalten. Abgesehen davon, verliehen diese Bilder dem Gesamteindruck einen nicht ernstzunehmenden Touch und passten an einigen Stellen keinesfalls zur dargebotenen Szene.
Neue Bühnenrequisiten wurden eingesetzt. So war eine rote Flügelschaukel mit den Adlern des kaiserlichen Wappens eines der Hauptelemente, das für das Kaiserpaar stand. Die schwarze Flügelgondel wurde stets mit dem Tod in Verbindung gebracht.
Toll gelöst wurde zum Ende vom ersten Akt die beliebte Szene, als die Kaiserin im Sternenkleid im Bilderrahmen steht und die Reprise von „Ich gehör nur mir“ zusammen mit dem Tod und ihrem Mann, Franz Josef singt. Auch hier tritt sie aus einem Rahmen hervor, umgeben von vier weiteren großen Spiegeln. Ein Beweis, wie einfach aber effektvoll eine Bühne sein kann, ohne der leidigen Projektionen.
Etwas gewöhnungsbedürftig bis fast lächerlich dagegen wirkt die Kaffeehausszene. Die Herren der Schöpfung sitzen an kleinen Tischen, die sich aber nicht mit einer großen Drehbühne langsam bewegen. Jeder Tisch steht auf einem eigenen Podest und dreht sich um die eigene Achse. Ein wirres Durcheinander ist das Resultat auf der Bühne, noch bevor die vielen verschiedenen Lichter fast clubartig aufflackern, denkt man schon an Autoscooter.
Zum Glück aber wurde die große Feile, auf der diesmal nicht nur der Tod auf- und abflaniert, beibehalten. Sie erzielt noch immer den imposantesten Gesamteindruck und besticht mit den Songs auf der Bühne.
Als Elisabeth war Annemieke van Dam und Patrick Stamme als Tod an ihrer Seite auf der Bühne zu erleben. Als Luigi Luccheni war wie in vielen Städten auch schon Bruno Grassini mit von der Partie.
Annemieke van Dam war schon zu Stuttgarter Zeiten als Elisabeth neben Maike Boerdam, Karin Seyfried und Maike Switzer zu erleben. Sie hat die Rolle verinnerlicht und konnte in Berlin als Nachfolgerin von Pia Douwes schon begeistern. Ihr Spiel, gleichgültig ob nun als junge oder gealterte Kaiserin meistert sie vorbildlich. Ihre schöne klare Stimme wirkt besonders als junge Kaiserin. Showstopper ist nach wie vor der Song „Ich gehör nur mir“, bei dem sie den Schlusston mit grandioser Sicherheit und einer unfassbaren Leichtigkeit trifft und hält. Später gelingt es ihr mehr Härte und Kälte als Facette in die Stimme einfließen zu lassen und begeistert das Publikum durch die Reihen.
Patrick Stamme als Tod wirkt, als suche er noch ein Verhaltensmuster für seine Rolle. Während Uwe Kröger sich auf den Verführer konzentriert, war es in Stuttgart Olegg Vynnyk, der aufgrund seiner dominierenden, vollen und rockigen Stimme bestach und überzeugte. Stamme gibt sein Bestes, ist stets sehr bemüht, muss sich definitiv aber noch in die Rolle einfinden. Vor allem stimmlich muss er noch wesentlich mehr Kraft und Power aufbringen. Auf den ersten Blick ist man vielleicht irritiert, weil der junge Darsteller wirklich noch sehr jungenhaft wirkt und so gar nicht wie der „große Verführer“ rüberkommt, der die Kaiserin erobern will. Trotzdem muss man zugeben, er gibt mit Annemieke ein gutes und harmonisches Bild. Der Song „Die Schatten werden länger“ passt nahezu perfekt auf seine Stimmlage, mag sein, dass er mehr der Typ für Balladeskes ist.
Generell und unabhängig von Stammes Perfomance ist zu sagen: Was zu Beginn etwas störend wirkte, war die Tatsache, den finsteren, bösen Tod ganz in Weiß zu sehen. Dennoch hat dies einen Sinn und eine eingehende Erklärung. Er ist der Verführer, der sein Opfer lockt. Im schimmernden Weiß wirkt er freundlich und nett, kaum aber holt er sich seine „Beute“, tritt er in Schwarz auf und präsentiert den Sieg des Todes über das Leben. Nur am Ende, wenn er seine angebetete Elisabeth zu sich holt, dann triumphiert wieder das Weiß, demonstrativ, fast provokativ, um seinen Sieg auszukosten. Letztlich geht das Konzept dieser Idee also doch sehr überzeugend auf.
Bruno Grassini als Luccheni ist definitiv einer der stärksten Darsteller in dieser Produktion. Man sagte ihm nach, er sei zu locker in seiner Rolle, spule sie teils nur ab. Dies kann man hier in München keinesfalls bestätigen. Er hat sich gewandelt. Seit Stuttgart setzt er mehr Nuancen und Betonungen und verleiht so seinen Monologen und seinem Spiel mehr Tiefe und Kraft. Seine Stimme ist wie eh und je kraftvoll und überzeugend. Grassini kommt beim Publikum sehr gut an und erntet am Schluss verdient langanhaltenden Applaus.
Etwas blass wirkt Kaiser Franz Joseph Darsteller Markus Pol. Zugegeben, die Rolle ist nicht wirklich spektakulär. Pol ist sehr bemüht, sie zu spielen und ihr einen individuellen Charakter zu verleihen, aber trotzdem würden ihm ein wenig mehr Emotionen gegenüber seiner Bühnenfrau Sissy nicht schaden. Dass der junge Kaiser Sissy und nicht Helene ehelichen wollte, das kann man diesem Franzl leider nicht so recht glauben. Gesanglich jedoch kann man keine Kritik üben. Er verfügt über eine sehr schöne und weiche Stimme, die gerade bei „Boote in der Nacht“ oder „Elisabeth, mach auf, mein Engel“ wunderbar zur Geltung kommt.
In den weiteren Rollen waren zudem als Mutter Ludovika Susanne Panzner zu sehen, Christa Wettstein als Erzherzogin Sophie, Thomas Bayer als König Max von Bayern sowie Thomas Hohler als Kronprinz Rudolf.
Ludovica wirkt auch hier eher unscheinbar, wogegen Christa Wetterstein als Sophie mit einer guten Portion Sarkasmus mehr überzeugen kann. Thomas Bayer als Max von Bayern macht seine Sache ebenfalls souverän.
Bedauerlich dagegen Thomas Hohler als „älterer“ Kronprinz Rudolf. Maßlos unterfordert könnte man seine Darstellung bezeichnen. Gerade mal in „Die Schatten werden länger“ oder „Wenn ich Dein Spiegel wär’“ lassen nur einen Hauch seines Könnens erahnen, was mehr als schade ist. Wer ihn als D’Artagnan in „3 Musketiere“ aus Berliner oder Stuttgarter Zeiten noch in Erinnerung hat, wird hier jäh enttäuscht, weil die Rolle keine weitere Einbindung vorgibt.
Seine „Miniausgabe“, Simon Harner, als Rudolf als Kind ist wirklich als mini zu bezeichnen. Der kleine Junge ist einfach niedlich anzusehen. Er macht seine Sache schon richtig gut. Im Duett mit dem Tod in „Mama, wo bist Du“ singt er mutig überzeugend den kleinen Rudolf. Am Ende versteht es sich von selbst, dass er tobenden Applaus erhält.
An dieser Stelle sollte man unbedingt das Ensemble erwähnen, das so stark wie in wohl keiner anderen bisherigen Elisabeth-Produktion auftritt. Eine bemerkenswerte Stimmgewalt und Synchronität zeichnet es aus. Wirkten die einzelnen Solosongs eher matt und ohne große Höhepunkte, so dominierte das Ensemble umso stärker. es ist auffallend, wie sehr es die Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist es sonst doch eher der Tod oder Elisabeth, die im Fokus des Besuchers stehen.
Mit den Songs „Milch“ aber auch „Hass“ haben sie einen massive und intensive Botschaft und Atmosphäre transportiert. Gerade „Hass“ ist eines der umstrittensten Lieder. Wenn hier der Aufmarsch der Nationalisten demonstriert wird und Parolen, an den Narzismus angelehnt, in den Zuschauerraum geworfen werden, dann bricht wie so oft auch hier absolute Totenstille und Nachdenklichkeit aus, gefolgt mit zurückhaltendem Grummeln. Verstärkt wird der Auftritt durch eine wesentlich prägnantere, militärische Choreografie unterstrichen mit den zahlreichen Fahnen und den betonten Uniformen des Ensembles. Kurzum: Wirkung nicht verfehlt!
Wer also absoluter Elisabeth Fan in seiner ursprünglichen Bühnenfassung ist, wird hier eher enttäuscht die Show verlassen. Wer allerdings „Eli-Neuling“ ist, dem wird das Stück mit Sicherheit gefallen, so wie es zu sehen ist. Grundsätzlich aber kann man sagen, dass auch diese Bühnenfassung eine solide Veranstaltung ist, die durchaus als sehenswert zu bewerten ist.
Noch bis zum 12.12.2009 kann man die Kaiserin im Theaterzelt des Deutschen Theaters in München, Nähe Fröttmaning erleben. Weitere Infos erhalten Sie HIER.
Marina C. Bunk, 22.10.2009