Carmen mal verrucht aber auch voller spannender Aspekte hält Einzug in der Stiftsruine…

Mit einer Besetzung, die sich sehen lassen kann, wurde „Carmen“ ein deutsches Musical als Welturaufführung in die Stiftsruine in Bad Hersfeld aufgeführt. Keine wenigere als Anna Montanaro in der Titelrolle zeigt hier einen Charakter den sie, wie sie selbst sagt spannend findet. Brave, bzw. biedere Rollen langweilen sie. Hier kann sie sich als Hure und Wahrsagerin einen zweifelhaften Ruf schaffen, die ihren starken Hunger nach Leben und Liebe auslebt. Und, sie geht in der Rolle auf. Überzeugend in Gesang und Schauspiel liefert sie die gesamte Premiere über an diesem 16.06.2010 einen tollen Job und erntet am Ende tosenden und verdienten Applaus.

Abzustreiten ist keinesfalls, dass eine solche Produktion gewissen Risiken mit sich bringt. Gespannt durfte man sein auf das Deutsche Musical. Nico Rabenald hat Carmen inszeniert und es ist zu sagen, dass ihm dies gelungen ist. Die gesamte Show wirkt stimmig und homogen. Auch wenn der Kartenvorverkauf mehr als schleppend für dieses Stück war, so ist zu hoffen, dass sich dies noch einrenkt und viele Besucher den Weg nach Hessen finden.

Komponiert hat das Stück Wolfgang Schmidtke, die Texte stammen von Judith Kuckart. Leider muss man dem hinzufügen, dass die Partitur auffallend viele Passagen – mehr oder weniger gut in die eigenen Kompositionen eingebunden – aus der gleichnamigen und weltberühmten Oper des Komponisten Bizet aufweist. Hier und da überwiegt die Mischung aus Jazz und Schlager.

Das Thema selbst und deren Geschichte drum herum ist weitgehend konstant geblieben. Änderungen sind in Spielort, (hier nicht in Spanien, sondern in Deutschland,) sowie in der Abänderung einiger Charaktere sowie deren Namen vorgenommen worden.

Eine schlichte, aber effektvolle Bühnenausstattung lässt die Protagonisten in ihrem eigenen Licht erscheinen und glänzen. Wie immer in Ruinen oder in Burgen spricht die Atmosphäre für sich und bedarf keiner aufwändigen Bühnenausstattung. Die passenden Kostüme formen ein schönes Gesamtbild in Stil und Erscheinungsbild, das mit einer stimmigen Lichtführung vervollkommnet wird.

Doch um was handelt die Geschichte rund um Carmen? Eigentlich ist diese nicht wirklich mehr spektakulär. Zumindest aber gibt es kein Happy End. Da wäre zum einen die männerfressende Carmen, die den jungen Jo seiner Verlobten Marie ausspannt. Sie verdient ihren Unterhalt durch die Männer, mit denen sie ihre Lebenslust stillt. Später, als das Verhältnis mit Marie in die Brüche geht und tötlich endet, lebt Jo vom Geld seiner großen Liebe Carmen. Doch dies kann seine Eifersucht auch nicht stillen. Sie ist stärker und so ersticht er am Ende seine Carmen…

Alexander Müller verkörpert hier überzeugend und gekonnt die Rolle des verschmähten Lovers Jo an Montanaros Seite. Überhaupt ist er ein Typ der besonders geeignet für die Rollen eines jungen Verführers ist. So spielt er auch parallel zu Carmen in der Wiederaufnahme der „West Side Story“ in Bad Hersfeld den Tony.

Maaike Schuurmans ist als Bad Hersfelder Publikumsliebling auch wieder mit von der Partie und spielt Katie, die Freundin des Ex-Boxers Karlemann. Zu Recht hat sie 2008 den Publikumsliebling-Preis der Festspiele erhalten, wie sich in dieser Inszenierung wieder zeigt. An ihrer Seite als Karlemann spielt Paul Kribbe, ebenfalls überzeugend.

Franziska Weber agiert erfrischend als Erzählerin auf der Bühe und Kristin Hölck ist die naive und junge Marie, Verlobte von Jo.  Sie gehört eindeutig zu den strahlenden Stars der Produktion.

Im Großen und Ganzen ist zu sagen, dass eine gute und ansehnliche deutsche Produktion mit Carmen gelungen ist. Wenn man sich als junges Publikum hier und da vielleicht schwer tut, sich in die Musik einzuhören, so bemerkt man als geübter Musicalbesucher doch, dass sich so rechte Ohrwürmer, geschweige denn Showstopper nicht heraushören lassen. Dennoch sollte man sich diese Uraufführung nicht entgehen lassen, die nach einer gewissen Überarbeitung sicherlich das Potenzial zu einem sehr guten Stück aus Deutscher Schmiede aufweist.

Corinna D. und Marina C.Bunk, Juni 2010

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