Kiss me Kate im Alten Schauspielhaus Stuttgart – „Gib einer Musical-Hupfdole die Chance ein Shakespeare Stück zu spielen,…“

… dann kann daraus etwas ganz Wunderbares entstehen. So geschehen im Alten Schauspielhaus in Stuttgart.

Kurz zum Inhalt des Stückes von Cole Porter:

Fred Graham, Produzent und Hauptdarsteller der Komödie „Der widerspenstigen Zähmung“ engagiert für sein Stück seine Ex-Ehefrau Lilli Vanessi sowie seine neue Flamme, Lois Lane. Dies stellt sich jedoch schnell als Fehler heraus, denn zwischen Fred und Lilli knistert es wieder. Als Lilli jedoch Blumen von Fred erhält, die eigentlich für Lois bestimmt waren und erst während der Vorstellung die Karte dazu liest, nimmt das Drama seinen Lauf. Zu allem Übel erscheinen noch zwei Gangster auf der Bildfläche, die fälschlicherweise einen Schuldschein von Fred eintreiben möchten. Der gerissene Produzent weiß aber auch dieses Problem zu seinem Vorteil zu nutzen.

Die Idee von Kiss me, Kate, ein Stück im Stück aufzuführen ist erfrischend und sorgt dafür, dass keine Langeweile aufkommt, selbst in etwas längeren Sprechpassagen wird das Stück nicht zähflüssig, was sicherlich zu einem großen Teil an dem fantastischen Ensemble liegt.

Adrian Becker verkörpert Fred Graham, und diese Aufgabe erfüllt er zu 110 %. Er schafft es, den arroganten Produzenten, den Charmeur, den zweifelnden Ex-Ehemann sowie den um Liebe Kämpfenden perfekt darzustellen. Er nimmt das Publikum mit in seine Gefühlswelt, ohne dass es jemals aufgesetzt oder angestrengt wirkt. Auch stimmlich gibt es nichts auszusetzen, mit seinem Gesang setzt er der Darstellung des Fred Graham noch das I-Pünktchen auf. Besonders berührend ist seine Ballade am Ende des Stückes, aber auch alle anderen Nummern sind fehlerfrei und wundervoll gesungen.

Antje Rietz stellt die Ex-Ehefrau und Hauptdarstellerin Lilli Vanessi dar und bedient ebenfalls eine ganze Palette an Gefühlsregungen. Von hochnäsig, verliebt, verzweifelt, wütend (ja, sehr wütend), verängstigt über pure Freude und wieder erwachte Liebe ist alles dabei. Dabei wirkt sie immer völlig natürlich und überzeugend und ihre Darstellung der Katharina ist einfach köstlich. Auch Ihr Gesang rundet die Darstellung perfekt ab und es ist eine Freude ihr zuzuhören.

Maja Sikora (Lois Lane) spielt eine Nachtclub-Schönheit die nun endlich eine ernstgenommene Schauspielerin werden will, der Weg dorthin ist zwar etwas anrüchig aber scheinbar wirksam. Sie wickelt das Publikum um den kleinen Fingern mit ihrer Darstellung des blonden und scheinbar hilfebedürftigen Mädchens, das aber tatsächlich alle Männer im Griff hat. Auch ihre Stimme passt perfekt zu ihrer Rolle und vor allem „Aber treu bin ich nur dir Schatz (auf meine Weise)“ konnte begeistern. Ihr neuer Freund (die Musical-Hupfdole) Bill Calhoun, gespielt von William Danne, hat nun ebenfalls die Chance ernsthaftes Theater zu spielen, leider hat er aber noch ein kleines Glücksspiel-Problem, welches noch so einige zusätzliche Verwirrungen in das Stück bringt. Auch wenn es nun schon monoton klingen mag, aber auch hier kann man nichts negatives sagen. William Danne überzeugt stimmlich und schauspielerisch vollkommen.

Sebastian Römer (Gregor), André Naujoks (Nathaniel), Aki Tougiannidis (Harry Trevor), Axel Weidemann (Paul), Amelie Sturm (Hattie), Armin Schlagwein (Harrsion Howell), Michael Gaedt, Michael Schulig (als erster und zweiter Ganove) sowie Michèle Fichnter und Jessica Krüger vervollständigen das Ensemble. Jeder einzelne geht vollständig in seiner Roller auf und überzeugt das Publikum mit seiner Spielfreude. Bemerkenswert fand ich „Viel zu heiß“, das hatte einfach alles was eine tolle Ensemblenummer braucht, Musik die im Ohr bleibt, tolle Stimmen die dieser Musik auch gerecht werden und heiße Darsteller die dem Publikum eingeheizt haben. Für das ganze Ensemble gilt ebenfalls, dass die Pointen perfekt platziert waren, was nicht immer einfach ist, und alle komödiantisches Talent beweisen, dass niemals aufgesetzt wirkt (außer es soll so sein).

Mein persönliches Fazit: Ein auf jedenfall sehenswertes, absolut stimmiges Stück in einem kleinen hübschen Theater, mit einem Ensemble dass auf ganzer Linie überzeugt. Dieses Stück sollte man sich als Musicalliebhaber nicht entgehen lassen sollte. Ich persönlich hätte noch gerne mehr von André Naujoks gehört, die kurzen Passagen die er alleine gesungen hat, hatten einen „Wow“-Effekt, und es wäre schön, in Zukunft noch mehr von ihm zu hören und zu sehen.

Mehr Informationen unter www.schauspielhaus-komoedie.de , Vorstellungen noch bis zum 2.Februar 2013.

Bildnachweis: Fotocopyright liegt bei Sabine Haymann.

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