Das außergewöhnliche Musical mit den Klappmaulpuppen (Puppen mit großem Mund und Oberkörper, allerdings aber ohne Beine) von Robert Lopez, Jeff Marx (Musik und Gesangstexte) und Jeff Whitty (Buch) wurde 2003 nach vier Jahren Vorbereitung in New York uraufgeführt, in Deutschland war das Stück erstmals 2012 in Mannheim zusehen. Nach München, Hagen und Hildesheim feierte es nun auch in Bielefeld am 10.09. mit einer Inszenierung von Nick Westbrock Premiere. Mit dabei sind bekannte Künstler wie Thomas Klotz (Princeton/Rod u. a.) und Norbert Kohler als Hausmeister Daniel Küblböck; die musikalische Leitung der fünfköpfigen Band übernimmt William W. Murta.
Im Vordergrund stehen allerdings die Puppen und nicht die Darsteller. Der Fokus soll ganz auf diesen liegen und nicht auf den Puppenspielern, die schwarz gekleidet den Puppen Leben verleihen. Dies klappt ohne Probleme, schnell schaut man nur noch die Puppen an – manchmal allerdings lohnt sich auch ein Blick in das Gesicht der Schau- bzw. eher Puppenspieler: In einigen Szenen, wo eine feine Mimik bei den Puppen nicht möglich ist, zeigen die Künstler diese und man versteht etwas mehr, was die Puppe gerade fühlt.
Für Kinder ist dieses Stück nicht gedacht, auch wenn man es meinen könnte; daher wird das Stück ab 16 Jahren empfohlen. Da die Puppen und das Stück sehr offen und derb mit vielen Themen wie zum Beispiel Pornos und Sex umgeht, würden die jüngeren Zuschauer wohl so einige Andeutungen nicht verstehen. Das Stück ist besonders empfohlen für Zuschauer von 20-30 Jahren – was aber in der besuchten Vorstellung am 17.09. auffällig ist: Sehr viele 60+ Zuschauer sind maßlos begeistert! Sie lachen und applaudieren, wollen Zugaben. Da merkt man wieder einmal, dass man zuvor nicht sagen kann, wie Stücke in welcher Altersgruppe ankommen. Sicherlich ist es nicht ein Stück für den „typischen, älteren Theaterabonnenten“, aber dass es diese Gruppe dennoch erreichen kann, zeigte sich.

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Thematisch handelt das Stück von dem Leben etwas außerhalb von New York City, wo alles nicht ganz so schön ist, aber dafür die Mieten erschwinglich sind. Dort lebt Princton (hervorragend von Thomas Klotz gespielt) nun, mit seinem Abschluss in Englisch – aber was soll er damit? Ist das seine Bestimmung? Er trifft auf andere, die auch in der Avenue Q. wohnen und die alle ihre Probleme und Sehnsüchte haben. Besonders liebenswert ist die Kindergärtnerin Kate Monster (Stefanie Köhm, die schön das dritte Mal diese Rolle spielt), die sich nach einem festen Freund sehnt und gerne eine Monsterschule eröffnen möchte, in der nur Monster gehen dürfen, damit diese nicht weiter ausgegrenzt werden. Rod und Nicky haben eine WG, in der es aber bald drunter und drüber geht und Rod Nicky rauswirft, so dass er obdachlos wird. Es stellt sich die Frage, ob alle anderen eher wissen, als Rod es selber zugibt, dass er homosexuell ist. Sex spielt eine große Rolle in dem Stück, auch bei Trekkie Monster – einem Typ, der immer im Internet ist, denn das Internet ist (nur) für Pornos da! (Trekkie wird von Benedict Ivo gespielt, genauso wie zum Beispiel Nicky)

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Dann gibt es noch die Sängerin (oder doch eher Pornodarstellerin?!) und männergeile Lucy D. Schlampe, die sich die Männer aussuchen kann und vor nichts zurück schreckt. Wahrlich kein Typ Frau, der bei anderen Frauen beliebt ist. Diese wird gespielt von Michaela Duhme, die ebenfalls das komplette Gegenteil von Lucy in den Händen hält: Lavinia Semmelmöse, die Vorgesetzte von Kate. Duhme sorgt mit dem passenden Outfit zu ihren Rollen für Abwechslung und spielt sehr gut ihre Charaktere; auch lobend zu erwähnen sei hier die Choreographie, für die sie ebenfalls verantwortlich war. Dann gibt es noch die niedlichen Bullshit-Bären, die allerdings immer dummes Zeug im Kopf haben und versuchen, andere zu nicht ganz so guten Sachen zu überreden. Gespielt werden die beiden, die immer zusammen auf der Bühne sind, von Katharina Schutza.

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In menschlicher Gestalt und auch als diese agierend, gibt es Martin Christoph Rönnebeck als Brian, arbeitslos, mit dem Wunsch, Komiker zu werden, Anna Takenaka als die japanische Therapeutin Christmas Eve und Norbert Kohler als Hausmeister Daniel Küblböck, der immer sein Bestes gibt, um für gute Stimmung zu sorgen. Alle spielen ihre Rolle sehr gut und es macht Spaß, zu zuschauen.
Das Bühnenbild (und Kostüme: Ude Herbster) besteht aus einer Häuserwand mit Zaun, Mülltonnen und einer Art Garage, die als eine Art Bar fungiert – wie man sich eine Straße in New York nun mal vorstellt. Die Fenster des Hauses, in dem die Puppen und Menschen wohnen, lassen sich öffnen und man sieht, was dort passiert. Es gibt sehr private Einblicke in das Leben der Puppen – beispielsweise in den Sex, den die Puppen untereinander haben.
Eike Schmidt ist für das Puppentraining verantwortlich und das Ergebnis ist mehr als gelungen. Die Künstler beherrschen ihre Charaktere einwandfrei, auch wenn eine Puppe von zwei Darstellern gespielt wird und diese synchron über die Bühne gehen müssen – alles perfekt!

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Ein sehr schönes, kurzweiliges Stück, mal etwas anderes, als ein „typisches Musical“, absolut sehenswert und zu empfehlen. Hier findet man eingängige Melodien, Puppencharaktere die man ins Herz schließt und Schauspieler, die im wahrsten Sinne des Wortes ihr Handwerk verstehen.

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Bis zum 31.12. sind Karten im Vorverkauf erhältlich. Weitere Infos gibt es HIER.