Der kleine Horrorladen mit der mörderischen Pflanze im Theater Bonn

DER KLEINE HORRORLADEN | Foto: Thilo Beu

DER KLEINE HORRORLADEN | Foto: Thilo Beu

Wer kennt sie nicht, die Geschichte, als Musical im Jahre 1982 von Alan Menken (Musik) und Howard Ashman (Buch und Texte) komponiert, über Seymour Krelborn, der sich im Blumenladen seines Ziehvaters Mr. Mushnik, um eine nach Blut verlangende Pflanze kümmert und der etwas einfachen und gutmütigen Audrey, ebenfalls im Blumenladen angestellt, die von einem beschaulichen Leben träumt, abseits der Skid Row, die nicht gerade zu den schönsten Teilen der Vorstadt gehört und liiert ist mit dem gewalttätigen Zahnarzt Dr. Scrivello.

 

In Bonn konnte man für die Produktion sehr namenhafte Künstler gewinnen: Mathias Schlung als Seymour, Michael Schanze als Inhaber des Blumenladens, Hans-Werner Olm als durchgeknallter, gern mit Lachgas hantierender Zahnarzt Dr. Scrivello und Bettina Mönch als Audrey.

DER KLEINE HORRORLADEN | Foto: Thilo Beu DER KLEINE HORRORLADEN | Foto: Thilo Beu

DER KLEINE HORRORLADEN | Foto: Thilo Beu

Das Bühnenbild (von Dirk Hofacker, der auch für die einfallsreichen Kostüme verantwortlich war) vermittelt mit viel Liebe im Detail einen guten Eindruck in das Leben der Figuren. In der eher düsteren Szenerie (mit Obdachlosen, die sich an einem Feuer in einer Mülltonne wärmen) steht der Blumenladen von Mr. Mushnik als bunter Punkt im Mittelpunkt des Geschehens. Michael Schanze, den meisten aus dem Fernsehen („Flitterabend“) bekannt, spielt den Blumenhändler, der in der Pflanze die Chance sieht, dass sein Blumenladen wieder Kunden anlockt, überzeugend und zeigt auch z. B. bei dem Lied „Mushnik und Sohn“, in dem er Seymour anbietet, sein Sohn zu werden, aus Angst, dass dieser den Blumenladen verlassen wird, dass er singen kann. Ab da tragen „Vater und Sohn“ die gleichen Anzüge, zeigen somit auch nach Außen ihre Verbundenheit. Mathias Schlung (aus „Sechserpack“ im Fernsehen oder auch aus diversen Hauptrollen großer Theater bekannt) gibt dem Charakter des Seymours Farbe. Er begeistert das Publikum mit seinem Spiel und sorgt für den ein oder anderen Lacher, wenn er mit der etwa einen Kopf größeren Audrey, wunderschön naiv und lispelnd gespielt von Bettina Mönch (in der Bühnenfassung von „Shrek“ spielte Bettina Mönch „Fiona“) flirtet. Seymour sucht den Wink des Schicksals, der ihn aus seinem eintönigen Leben und dem „Dreck“ befreit und sieht in der Pflanze, die er aufpäppelt die Chance auf ein besseres Leben: Nun wird er ins Radio eingeladen und seine Pflanze, die er „Audrey 2“ nennt, macht ihn zum Star. Mal verzweifelt („Skid Row“), mal lustig mit perfekter Mimik zeigt Schlung, dass er die beste Besetzung für Seymour ist, die das Theater hätte finden können.

DER KLEINE HORRORLADEN | Foto: Thilo Beu

DER KLEINE HORRORLADEN | Foto: Thilo Beu

Ebenfalls einen guten Job machen die „Soulgirls“ Beatrice Reece, Amanda Whitford und Sampaguita Ingeborg Mönck, erst als prollige Jugendliche, später als nette Angestellte des gut florierenden Blumenladens, führen sie durch die Geschichte.

Hans-Werner Olm hat die Rolle des Zahnarztes bekommen, der seine Freundin Audrey schlecht behandelt und schlägt. Er ist dem Lachgas verfallen und gibt sich gerne mal eine Dosis bevor er zum Bohrer greift – dies wird ihm leider auch zum Verhängnis, da er seine Maske nicht mehr absetzen kann und so sterben muss – zur Freude der Pflanze. Hans-Werner Olm spielt den Zahnarzt herrlich unsympathisch und ist ebenfalls eine gute Besetzung. Lediglich bei „Jetzt“ vermisst man das „Gegacker wie ein Huhn“, welches im Lied besungen wird, aber leider auf der Bühne im Lied nicht praktiziert wird – dies kennt man aus anderen Inszenierungen anders, was aber Meckern auf höchstem Niveau ist und nicht Olm anzulasten wäre.

DER KLEINE HORRORLADEN | Foto: Thilo Beu

DER KLEINE HORRORLADEN | Foto: Thilo Beu

Besonders interessant ist die Darstellung der „Audrey 2“ – meistens nur als Pflanze auf der Bühne zu sehen, setzte man in Bonn darauf, dass auch sie zusätzlich in menschlicher Gestalt auf der Bühne zu sehen ist. Dennis LeGree hat die Rolle übernommen, den Zuschauern das Gesicht der Pflanze darzustellen. So steht er oberhalt der Bühne über der Pflanze mit seinem leuchtenden Kostüm, welches mit vielen LEDs bestückt ist (diese Technik wird ebenfalls bei den Kostümen der Soulgirls aufgegriffen) und sich somit farblich verändern kann, so dass es für die Zuschauer anhand der Gestik und Mimik noch besser nachvollziehen ist, was die Pflanze gerade denkt und fühlt. Eine sehr gute Idee, die „Audrey 2“ greifbarer macht.

DER KLEINE HORRORLADEN | Foto: Thilo Beu

DER KLEINE HORRORLADEN | Foto: Thilo Beu

Das Trash-Stück mit flotten aber auch ruhigen Songs unter der musikalischen Leitung von Jürgen Grimm wurde am Theater Bonn sehr schön und modern umgesetzt, so waren es kurzweilige 2,5 Stunden (inklusive Pause). Von der Besetzung bis hin zum Bühnenbild war es durchgängig mehr als zufriedenstellend. Dafür kann man Herrn Erik Petersen, der das Stück inszenierte, großes Lob aussprechen.

Bis zum 01. Mai 2016 wird noch einige Mal die Möglichkeit geboten, in die Skid Row einzutauchen.

 

Karten für die Vorstellung bis zum 01. Mai 2016 und Infos gibt es HIER

DER KLEINE HORRORLADEN | Foto: Thilo Beu

DER KLEINE HORRORLADEN | Foto: Thilo Beu

Künstlerseiten bei Facebook:

Mathias Schlung
Bettina Mönch
Dennis LeGree
Beatrice Reece

 

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Publizistik abgelegt und mit , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.